Verliebt in die Wahrheit
Seit geraumer Zeit beobachte ich die Menschen in meinem nahen und auch fernen Umfeld und stelle gerade in der letzten Zeit ein Phänomen fest, von dem ich glaube, dass es dieses schon seit Ewigkeiten gibt, aber es so geschickt verpackt wurde, dass es kaum auffällt.
Es schleicht sich gekonnt durch unser Leben, gaukelt uns was vor und projiziert uns die angebliche Darstellung einer realen Welt. Und selbst du, der dies gerade liest, ist ebenso betroffen davon, wie der, der dies gerade schreibt 😉
Und nicht nur der Gaukler steckt in ihm, sondern auch der Zeiträuber, der Illusionist und der Lügner.
„Wer hat denn bitteschön keine Probleme?“ So ein Ausschnitt aus dem Volksmund.
Probleme…! Hm.
Dieses Wort stammt aus dem Griechischen und bedeutet in wortwörtlicher Übersetzung „das Vor-geworfene bzw. das zu Lösung Vor-gelegte.
Jetzt liegt also etwas da. VOR uns, sozusagen. Und wir stehen noch HINTER dieser Hürde, hinter diesem Berg, der zu bezwingen ist.
Bis hierhin sind wir erst einmal alle gleich weit, denn wir haben begriffen, hier läuft etwas nicht ganz glatt ab, denn der Schuh hat eine oder auch mehrere Druckstellen. Aber dann geht’s auch schon los mit der Show.
Bildlich gesehen würde jetzt auf jeder selbst projizierten Gedankenleinwand ein anderer Problemfilm ablaufen. Welches Genre, bleibt dir überlassen.
Die Frage lautet: Welche Rolle spielst DU in diesem Film?
Auch das, bleibt dir überlassen. Aber nicht nur dir leider, denn dein innerer Kritiker hat sich bereits eingeklinkt und klärt dich darüber auf, wie schlimm deine Rolle ist.
Jetzt erlebe ich also die Menschen, mit denen ich ins Gespräch komme, so, dass sie mir gerne von ihren „Filmgeschichten“ erzählen. Mag sein, dass ich hier wie ein vertrauenswürdiger Gesprächspartner wirke, oder aber ich verleihe dem „Film“ einfach nur eine Kinoleinwand und bin stiller Beobachter. Erst einmal.
Schon schnell wird die Handlung klar und somit auch das Problem, welches den Erzähler angeblich belastet – mehr oder weniger !
Sehr häufig, ertappe ich mich bemüht, dem Problem eine Lösung erschaffen zu wollen.
Doch in einigen Fällen kommt der Lösungsvorschlag erst gar nicht an.
Nicht unbedingt, weil dieser schlecht ist, sondern weil ihm kein Gehör geschenkt wird.
JA, ABER…!“ ertönt es von der anderen Seite, als sei die Situation nahezu unlösbar. Nicht selten werden mir weitere Details zugeworfen, um den „Film“ noch glaubwürdiger oder unter Umständen noch tragischer zu gestalten. Manchmal komme ich erst gar nicht richtig zu Wort, denn ich merke, wie der andere eh nur abwartet, dass ich zu Ende spreche, damit er wieder loslegen kann.
In einigen Fällen hatte ich sogar das Gefühl, dass eine besondere Geschichte dafür benutzt worden ist, um sich selbst besonders zu machen.
Was machen wir hier eigentlich? frage ich mich.
Fehlt es hier an gegenseitigem Zuhören oder ist der Kern der Sache noch nicht entdeckt worden? Möchte man überhaupt den Kern entdecken? Oder möchte man den anderen nur als Klagemauer benutzen?
Es gibt Menschen, die behaupten, dass es reichen würde, wenn man dem anderen nur Gehör schenkt.
Das mag sein, dass es dem anderen gut tut „sich zu entleeren“, aber bringt es ihn denn auch weiter?
Selbst eine Umarmung oder ein Kopfstreichler verpufft danach, weil das „Problem“ sich ja leider noch nicht in Luft aufgelöst hat und irgendwo schlummert, bis es wieder zuschlagen kann.
Leider zeigt aber auch die Erfahrung, dass nicht jeder Gesprächspartner ein geeigneter ist. Floskelverbreiter gibt es zuhauf. „Wird schoooon! Schaffst Du, ich glaub an dich! Alles wird gut, wirst schon sehen! Morgen sieht die Welt schon anders aus! Andere Mütter haben auch hübsche Töchter!“ 😉
Und dann gäbe es noch: „Vergiss es einfach!“ „Denk nicht dran“ oder „Lenk dich ab!“
Nun ja, man kann auch nicht erwarten, dass man in jedem einen guten Therapeuten findet, von daher fände ich es umso wichtiger, sich gut zu überlegen, wohin man mit seinen Geschichten geht.
Und noch wichtiger fände ich es, sich vielleicht auch die Frage zu stellen, warum man überhaupt seine Geschichten irgendwo hin trägt?
Denn wenn man ernsthaft auf der Suche nach einer Lösung ist, so bringt das wahllose Hin- und Hergetrage meiner Meinung nach nur den Zeitraub mit sich.
Bezogen auf den Textanfang mit der Wortdefinition für „Problem“, könnte man jetzt auch fragen:
Wohin möchtest du überhaupt dein Problem hintragen? Es macht keinen Sinn, das Problem irgendwohin zu tragen, denn es liegt nun mal die ganze Zeit VOR DIR, vermutlich bis du gelernt hast, es HINTER dir zu lassen.
Kannst du Wahrheit drin erkennen?
Wenn ja, so wirst du jetzt schlagartig auf dich zurückgeworfen. Immer dann, wenn du feststellst, dass andere Menschen deine Probleme nicht lösen können, bist du selbst gefragt.
Und hier ist deine Wahrheitsliebe auch gefragt.
Bist du ehrlich zu dir? Kannst du dir in die Augen sehen? Bist du mutig genug, alles, was dich betrifft zu verantworten ?
Merke dir, dass Du und nur DU der beste Therapeut bist, den du dir vorstellen kannst.
Es braucht deinen ganz eigenen Dialog. Deine Konversation mit dir.
So nach dem Motto „Denkst du noch herum oder sprichst du schon mit dir?“
Selbstgespräche werden oft als krankhaftes Tun abgestempelt. Ich finde, dass Selbstgespräche die beste Möglichkeit darstellen, um für sich den besten Gesprächspartner einzuladen, den es gibt.
Nämlich sich selbst. 🙂
Hast du heute schon mit dir gesprochen? Hast du dir die Wahrheit gestanden, auch wenn sie bitter zu kauen war?
Wie ehrlich bist du zu dir und wie sehr versuchst du immer noch deine „Probleme“ auf andere zu werfen oder von dir abzuschütteln?
Sieh hin!
Sieh genau hin!
Und sei….ich liebe dieses Wort…“ABGRUND-TIEF-EHRLICH“ zu dir selbst.
Manche werden mir vielleicht jetzt widersprechen und mir sagen wollen, dass einige Probleme aber doch recht kompliziert sind.
Das mag sein, wenn ein Problem nicht sehr bald gelöst werden kann zum Beispiel. Wenn es also Zeit benötigt oder andere Menschen mit in Leidenschaft gezogen werden. Aber auch hier, frage dich, was du evtl. noch nicht sehen kannst oder nicht sehen willst? Wovor du dich noch drückst und worin deine große Angst über dich herrscht.
Es ist auch nicht so, dass ich dich unbedingt dazu animieren möchte, die Lösung zu finden. Denn wenn sich etwas lösen soll bzw. sich löst…so wird an der Stelle sanfte Leichtigkeit anwesend sein. Dies wird nicht aus deinem krampfartigen Versuch zustande kommen, eine Lösung herbeiführen zu wollen.
Alles, wozu ich dich hiermit motivieren möchte, ist …HIN ZU SEHEN! Ehrlich hinzusehen.
Beobachte dich!
Beobachte dich und erkenne die Wahrheit!
Vielleicht wirst du dann schon bald feststellen, dass dich nur deine Angst vor der Lösung festhält, nicht weiter zu gehen! 😉
Und vielleicht entdeckst du den Mut zu deiner ganz eigenen Wahrheit.
So wünsche ich dir nun viel Spaß mit deinem eigenen Film ! Popcorn geht auf mich! 😉
Luzie
Hallo Anastasia,
Ich habe deinen neuen Beitrag mit Interesse gelesen. Ich musste ihn mehrmals lesen, um den Sinn genau zu verstehen, den du mitteilst. Ich finde ihn sehr gut und inspirierend.
Danke dafür.
Ich wünsche dir eine schöne Adventszeit und freue mich auf deinen nächsten Beitrag.
LG Luzie