Das Ab vom Schied
„Oh, welch Hinterlass, so bittersüß…das Übrigsein vom Abschied!
Nichts geht verloren, wo soll’s auch hin? Alles zieht Spuren hinter sich und hier beginnt das Rätsel.
So kommst du heut und du gehst morgen und bringst die Welt zum Tränen fließen.
Doch bist du nicht der, um den man weint, sondern um das, was du bewirktest.“ A.E.
Es fällt mal leicht, mal weniger und oftmals sind es die ganz üblichen, uns bekannte Phrasen, die über den Zauber eines Abschieds ihren Schleier legen. „Alles Gute, gute Zeit, Danke für Alles und pass’ auf dich auf. Bleibe gesund und bleib’ wie du bist. Man sieht sich! Immer 2x!“
Man drückt sich und man guckt sich, schluckt die Wehmut wieder runter oder lässt sie aus sich raus.
Jeder ist hier anders. Und nicht jeder kann es gut. Vermeidung gibt es auch. Den Still-und-stumm-Abgang findet man auch im Tod. Kein großes Tamtam. Kein emotionales Gesülze.
Und zu guter Letzt könnte man einem Abschied auch entgegen sehnen und „Endlich!“ denken. Endlich ist es vorbei, mit etwas, was unserer momentanes Daseinsgefühl erschwert hat.
Ganz egal, wie du Abschied praktizierst, es sagt immer etwas über dich aus. Denn so bist du!
Abschiede hinterlassen immer eine Botschaft. Eine Botschaft an dich. Einen Hinweis für dein nächstes Level. Für den nächsten Schritt.
Du verlierst NICHTS! Auch wenn du glaubst etwas verloren zu haben. Vielleicht hast du dich nur falsch identifiziert. Mit einem anderen Menschen, einer Arbeitsstelle oder einem Status.
Komm da wieder raus! Am Ende wirst du erkennen, dass es das Leben gut mit dir meinte. Auch wenn es deine Lebenszeit kosten wird.
Die Informationen eines Abschieds sind wertvoll, sofern du es dir wert bist.
Wenn du in die Trauer gehen möchtest, dann hast du das Recht, die Freiheit und die Möglichkeit.
Doch wenn du anfängst dabei dich zu betrauern, dann gibst du deine Rechte, deine Freiheiten und deine Möglichkeiten ab und auch auf!
Es sind nicht die Menschen, um die du weinst. Es ist die Quelle, die dich durch diese Menschen bedient hat, damit sich dein Leben feiner anfühlt. Es ist das, was dir in deinem Leben fehlt.
Vielleicht fehlt dir der Trost, die gute Unterhaltung, eine liebevolle Geste, die Fürsorge oder die Ermutigung. Das wirst nur du herausfinden können.
Wir alle streben nach den guten Gefühlen, fragen uns selbst aber recht wenig, wie wir sie selbst produzieren können, ohne dass die anderen ihre Finger mit ihm Spiel haben. Ohne in Abhängigkeiten zu fallen und die Angst zu haben, dass wir unverhofft dem ganzen wieder beraubt werden.
Ebenso scheint es wohl auch in der Natur der Überwachungsfunktion der anderen zu liegen, wenn die Wohnung picobello aufgeräumt wurde, die frischen Blumen auf dem Tisch ihren Duft verbreiten, wir uns schnieke hergemacht haben, um einem anderen Menschen unsere kulinarischen Kochkünste zu präsentieren.
Wie ein Kleinkind, das nur unter der Aufmerksamkeit eines Elternteils schön und kreativ spielen kann und seine akrobatischen Kunststücke nur dann am allerliebsten vorführt. „Mama, Papa! Schau mal, was ich kann!“
So sind wir immer noch. Wir brauchen Zeugen. Augen, die das gesehen haben. Die uns bemerkt haben. Die uns ein Zeugnis ausstellen und uns im besten Fall mit einem Topf Honig vermitteln, wer oder was oder wie gut wir sind.
Manch einer kann auch nur in der Anwesenheit eines anderen beruhigt einschlafen, tief entspannen oder sein Alleinsein erst dann so richtig genießen.
Die Motivation vom einsamen Wolf durch steiniges Gebirge zu ziehen, stößt bei den meisten auf Widerstand. Man wird den Sinn des Warum nicht verstehen wollen.
Angst wird aufkommen. Und das ist gut so.
Es ist auch nicht unsere Aufgabe, das soziale Leben aufzugeben.
Doch es ist unsere Aufgabe, die Hinweise des Lebens zu verstehen.
Was also gibst du beim Abschied auf? Was wird dir in Zukunft nicht mehr bereit gestellt? Und wie stark ist dein Bedürfnis, es unbedingt haben zu wollen?
Das Problem mit der Bedürftigkeit ist nämlich das, dass es schnell zu einem Ersatz kommen muss.
Das Wort Bedürfnis klingt hier leichter. Nach einem Wunsch, welcher nach „Wäre schön, wenn es da wäre!“ klingt.
Bedürftigkeit hingegen hält seine eigene starke Dynamik. „Ich brauch es! Jetzt“ Fast schon so, als halten wir es Ohne nur schwer oder gar nicht aus.
Ein Bedürfnis zu haben zeigt mir persönlich eine Energie, die gewillt ist, aus mir zu entspringen. Eine Energie, die in Verhandlung mit mir geht. Etwas, was mehr Zeit hat und mein inneres „JA“ benötigt.
Bei der Bedürftigkeit besteht ein wildes Verlangen, dass mir die Welt da draußen zeitnah gute Ware liefern muss. Man wird sich fast schon wie ein Süchtiger verhalten und sich an jedem Strohhalm krallen, was nur nach einer Idee von Rettung vor dem nächsten „Sterben“ aussieht.
Das ist nur meine Interpretation davon.
Die wahre Essenz im Abschied ist ein Geschenk an dich.
Aber du wirst Ruhe benötigen, es klar sehen zu können, um welches Geschenk es sich hier handelt.
Wenn du aber wie ein bedürftiger Ersatzsuchender unterwegs bist, erwartet dich niederschwingende Ablenkung. Eine Ablenkung, die dir im eigentlichen Sinne nichts bedeutet. Lückenfüllung. Damit der Mangel ausgeglichen ist und aufhört als unangenehmes Gefühl an deine Tür zu klopfen, denn genau das ist DAS, was du nicht mehr haben magst. Dieses Unbehagen.
Lerne zu unterscheiden! Was ist bedürftiger Mangelzustand und was dein wahrer Wunsch der mit deinem nächsten Schritt in Gleichklang geht? Stimmt hier die Reihenfolge oder liest du schon wieder die letzten Seiten des Buches voraus, weil du dir Zeit und Weg ersparen willst.
Ungeduld.
Die Ungeduld wirbelt dich auf. Du stehst im Widerstand gegen dich selbst. Du bist noch zu schwach, um dir deine Werte einzugestehen und dich ihnen hinzugeben. Zu süß schmeckt der Honig, den du wo anders haben könntest. Ist es denn wirklich schon soweit? Was sagt deine innere Uhr? Hast du Kapitel übersprungen? Und wie viel Zeit gibst du dir selbst?
Es klingt irgendwie zölibatär, sich den Ablenkungen auf keusche Art zu entziehen. Das muss auch gar nicht so auf diese Weise geschehen, weil das Leben an sich mit uns immer und zu jeder Zeit sehr viel Gnade beweist.
Wir bekommen IMMER eine neue Chance. Das Leben beschenkt uns reichlich. Es gibt immer sein Alles und sein Bestes. All das, was wir benötigen, um zu wachsen. Wir haben es! Stets und zu jeder Zeit. Auch wenn wir noch blind sind oder viel zu verschlafen.
Der Trick liegt darin, es zu entschlüsseln. Dafür hast du eine innere Stimme mitbekommen, die dich durch das Labyrinth führen soll.
Die Frage ist nur, ob dir deine innere Stimme schon bewusst ist und ob du ihr bereits Vertrauen schenken kannst.
Vertraust du dir, vertraust du dem Leben und den Menschen da draußen.
Davor wirst du Strategien erfinden müssen, um dich zu schützen, deine Mauern hoch zu halten. Doch dein einzig wahrer Schutz ist dein Vertrauen, dass du für dich immer das Richtige und zu jedem Augenblick tust und dich dafür aus deinem Herzen heraus entscheidest.
Hier liegt der Unterschied drin.
Entscheidest du dich aus Liebe oder aus Mangel? Aus der inneren Stimme deiner Führung oder aus deiner Angst?
Nur du wirst es prüfen können.
Je mehr Abschiede geschehen, je mehr du lernst zu verzichten und je weniger du dich auf das Außen anlehnst, desto mehr gehst du in dein Inneres und machst dich stärker und stärker. Das ist dein authentischer Schutzpanzer, den dann übrigens auch kein noch so herzzerreissender Abschied, kein noch so großer Verlust und keine noch so plötzliche Veränderung mehr so leicht durchbrechen kann.
Du hast DICH ! Und je mehr du dich hast, desto weniger verlierst du dich wieder!
Weine nicht um etwas, was geht. Geh zu dir! Denn dort ist alles, was du brauchst.
Ich sage Auf-wieder-sehen! Nicht, dass wir UNS wiedersehen.
Sondern, dass du DICH siehst.
Bettina Schott
Vielen Dank für diese Worte. Sie haben mich zutiefst berührt und beschreiben gerade meine Situation.
Vor fast genau einem Jahr war ich wieder zur Reha in Schömberg.
Ich werde versuchen Kraft aus Deinen Worten zu ziehen, es wird weitergehen.
Bettina Schott